Drei Experten, viele Rückenwind-Mitglieder und sehr viele Interessierte kamen zusammen am Samstagabend, 29.10.22 für den Info- und Diskussionsabend der Bürgerinitiative.
Prof. Dr. Rainer Luick, der sich als Umweltwissenschaftler und Biologe unter anderem mit den Auswirkungen der Klimakrise auseinandersetzt, verdeutlichte, warum Klimaschutz auch vor unserer Haustür aus moralischer Sicht mehr als geboten ist. Neben eindrücklichen Grafiken zu Treibhausgasanstieg in der Atmosphäre und Klimakipppunkten zeigte er Folien, die den bedrückend langsamen Fortschritt der Energiewende insbesondere auch in Baden-Württemberg vorführten.
Prof. Dr. Martin Brunotte, der an der Hochschule für Forstwirtschaft im Studiengang “Erneuerbare Energien” lehrt, widerlegte drei hartnäckige Thesen zur Windkraft. Erneuerbare Energien sind teuer? Nein, unsere konventionelle Energieerzeugung ist massiv teuer! Windenergieanlagen haben zudem ein kalkulierbares Risiko und sind – ganz im Gegensatz zu Atomkraftwerken – ohne staatliche Garantien versicherbar. Herr Brunotte zeigte, dass auch Speichertechnologien mehr und besser werden: Die Speicherkapazität aller E-Autos überschreitet schon heute die Speicherkapazität aller deutschen Pumpspeicherkraftwerke. Windkraft ist alternativlos: Vermeintlichen Alternativen wie Atomenergie erteilte Martin Brunotte ausdrückliche Absagen.
Der Physiker Dr. Bernhard Nold zeigte der Runde, was die Netzstabilität im Gegensatz zu Windenergieanlagen tatsächlich gefährdet: Der Klimawandel, ganz banal zum Beispiel, weil Extremwetterereignisse das Leitungsnetz zerstören, und politische Abhängigkeiten. Er erläuterte auch, weshalb es nicht reicht, wenn im Norden viele Windanlagen stehen und bei uns, wo noch mehr Strom verbraucht wird, keine. Optimal ist es, wenn die Anlagen nah am Verbrauch stehen – bei uns stehen bisher deutlich zu wenige. Noch ist es so, dass in Deutschland überall die gleichen Strompreise gelten, das kann sich in Zukunft ändern: Die EU bringt im Moment Gesetze auf den Weg, die es ermöglichen, im Norden (wo billiger Windenergiestrom erzeugt wird) Strom günstiger abzugeben als im Süden (wo auf teure Gas- und Kohlekraftwerke oder Stromtransporte zurückgegriffen werden muss).
Drei Rückenwindmitglieder trugen außerdem persönliche Statements vor. Maelle Casagrande, Schülerin aus Hailfingen, forderte dazu auf, endlich Verantwortung für die Konsequenzen unseren eigenen Handelns zu übernehmen und für eine lebenswerte Zukunft einzustehen. Klimaschutz ist nichts Abstraktes, sondern letzten Endes Eigenschutz! Raphael Braun aus Wendelsheim äußerte großes Unverständnis für das gesellschaftliche und politische Nicht-Handeln in der Klimakrise, deren Eintreten und Stattfinden schon so lange wissenschaftlicher Konsens ist. Und Linus Lambrecht aus Seebronn sprach darüber, durch was sich sein Heimatort auszeichnet. Guter Zusammenhalt im Ort, vielfältiges gesellschaftliches Engagement, eine freundliche Atmosphäre und ein starker Wirtschaftsstandort gehen hier Hand in Hand. Seebronn sollte sich nicht durch Ausbremsen von Zukunftstechnologien selbst ins Abseits manövrieren, sondern die Sicherung eines lebenswerten und zukunftsfähigen Ortes aktiv in die Hand nehmen – weil hier der Wind weht.
In der anschließenden etwas einstündigen Fragerunde ergriffen viele Besucher*innen die Möglichkeit, nach vorne zu kommen, ihre Ansichten zu äußern und Fragen an die Experten zu stellen. Selbst nachdem schon eine halbe Stunde überzogen wurde, standen noch viele Menschen an und wären gerne Worte und Fragen losgeworden. Die rege Beteiligung an der Diskussionsrunde hat uns gefreut – genauso, dass insgesamt so respektvoll und wertschätzend debattiert wurde.
Vielen Dank an die drei Experten und die drei Rückenwind-Mitglieder, die persönliche Statements vorgetragen haben! Danke an unsere souveräne Moderatorin und danke allen Rückenwind-Mitgliedern, die fleißig geplant, organisiert, Plakate aufgehängt, Flyer verteilt und auf- und abgebaut haben. Danke an alle, die gekommen sind und ihre Gedanken und Fragen mit allen Anwesenden geteilt haben! Und danke allen, die für die acht Windenergieanlagen sind und einstehen und damit zu einer nachhaltigen Zukunft für uns alle beitragen🧡
Über die Veranstaltung in Seebronn berichtete auch das Schwäbische Tagblatt in seiner Ausgabe vom 31.10.2022 oder hier online (bezahlpflichtig).