Windenergieanlagen und Mikroklima


Behauptung

Windräder verändern die Art wie sich die Luft ausbreitet. Sie können zur schlechteren Belüftung von Tälern, zur Austrocknung des Bodens und sogar zur Klimaerwärmung beitragen.

Diskussion

Eine Studie von Lee Miller und David Keith aus den USA hat in der Tat nachgewiesen, dass Windfarmen die Lufttemperatur am Boden nachts um 0,5 – 1 Grad Celsius erhöhen können. (1) (2)

Die Ursache ist die Verwirbelung der unteren mit den oberen Luftschichten. Da tagsüber die Luft durch die Konvektion sowieso stark durchmischt ist, ist dieser Effekt hauptsächlich nachts zu beobachten. Vom Grundsatz her ist er auch nicht neu – Landwirte nutzen ihn seit langem zur Vermeidung von Frostschäden. (3) Die Anlagen führen der Atmosphäre anders als fossile Kraftwerke also keine Wärme zu, sondern sorgen nur für eine andere Verteilung.

Miller und Keith haben nun diesen Effekt hochgerechnet auf den Fall, dass der Gesamtstrombedarf der USA durch Windräder gedeckt würde und kommen zu dem Schluss, dass dadurch die Oberflächentemperatur Nordamerikas um 0,24°C ansteigen könnte. Gleichzeitig wird der Kühlungseffekt durch den verminderten CO2-Ausstoß aber nur mit einer Verzögerung von ca. 100 Jahren einsetzen, so dass mittelfristig die Oberflächentemperatur in der Umgebung von Windparks (nicht die globale Temperatur!) steigen könnte, bevor sie wieder sinkt. (4) Die Autoren gehen selbst davon aus, dass der lokale Erwärmungseffekt von den langfristigen positiven Effekten der CO2-Reduktion überkompensiert wird (Abbildung 1).

Warming Vs Cooling Through Wind Farms
Abbildung 1: Der Erwärmungs-Effekt von Windkraftanlagen verglichen mit dem Kühlungseffekt der CO2-Reduktion (1)

Dementsprechend wird die Studie von anderen Wissenschaftler auch nicht als Argument gegen den Ausbau der Windkraft bewertet. (5)

Die Studie vergleicht die Windkraft mit der Energieerzeugung durch Solarzellen (und kommt zu dem Schluss dass Solarzellen einen kleineren Effekt auf die lokalen Bodentemperaturen haben), sie vergleicht aber nicht mit der lokalen Erwärmung und den Wettereffekten, welche durch Städte und Kohlekraftwerke hervorgerufen werden. Diese sind allerdings durchaus interessant:

„Mit einer Massierung von Hochhäusern oder Bauwerken, welche ihre Umgebung wesentlich überragen, werden die örtlichen Windverhältnisse dahingehend verändert, dass bei gesteigerter Windböigkeit der freie Windstrom gebremst wird (Zunahme der Vertikalkomponente des Windes auf Kosten der horizontalen Windgeschwindigkeit). Daraus kann trotz örtlich gesteigerter Ventilation bzw. Windturbulenz eine stadträumliche Abnahme der Winddurchlüftung resultieren.“ (6)

In Städten ist es aufgrund der Versiegelung zwischen 0,5 und 6 Grad wärmer als im Umland, dies wiederum sorgt in ihrem Windschatten für mehr Niederschläge. (7)

Auch Kohlekraftwerke verändern nicht nur das globale Klima durch den CO2-Ausstoß, sie verändern auch das lokale Klima und begünstigen Extremwetterlagen durch ihren Ausstoß von Nanopartikeln (ultrafeinen Stäuben). (8)

Fazit

Windräder lenken die Luft in ihrer Nähe um. Nachts kann dies dazu führen, dass es am Boden unter den Windrädern wärmer bleibt. Dieser lokale Effekt wird aber (anders als die ähnlichen Effekte von Städten und auch Kohlekraftwerken) von der Reduktion der CO2-Emmissionen bei weitem überkompensiert.

Quellen

  1. Lee Miller, David Keith. Climatic Impacts of Wind Power. [Online] : Science Direct, 19.12.2018. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S254243511830446X.
  2. Keith, David. The influence of large-scale wind power on global climate. [Online] : Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS), 16.11.2004. https://www.pnas.org/content/101/46/16115.
  3. Miller, Lee. The warmth of wind power. [Online] : Physics Today, 1.8.2020. https://physicstoday.scitation.org/doi/abs/10.1063/PT.3.4553?journalCode=pto& .
  4. dpa Faktencheck. Harvard-Studie über Windkraftanlagen geht von Treibhauseffekt aus. Berlin : dpa, 27.01.2020. https://www.presseportal.de/pm/133833/4503752.
  5. smc. expert reaction to research on climatic impact of wind power. [Online] : Science Media Centre, 5.10.2018. https://www.sciencemediacentre.org/expert-reaction-to-research-on-climatic-impact-of-wind-power/.
  6. Ulrich Reuter, Rainer Kapp. Städtebauliche Klimafibel – Hochhausbebauung. Stuttgart : Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg, 2012. https://www.staedtebauliche-klimafibel.de/?p=73&p2=6.2.4.
  7. faz. Großstädte sorgen für mehr Regen im Umland. Frankfurt : Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6.7.2002. https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/wetter-grossstaedte-sorgen-fuer-mehr-regen-im-umland-171415.html.
  8. von Brackel, Benjamin. Kohlekraftwerke verändern regionales Klima. [Online] : klimareporter°, 31.12.2018. https://www.klimareporter.de/erdsystem/kohlekraftwerke-veraendern-regionales-klima.

Lizenzhinweis: Dieser Text stammt vom Rechercheteam Europaeische-Energiewende-Community. Er wurde am 17.11.2020 unter der CreativeCommons-Lizenz CC BY 4.0 auf der Webseite https://energiewende.eu publiziert. Für die Webseite rueckenwind-rottenburg.de wurde er inhaltlich unverändert übernommen.