Eigentlich gibt es im Zusammenhang mit Windenergie deutlich wichtigere Themen als Infraschall. Leider wird mit Infraschall aber immer wieder zu Unrecht lautstark Stimmung gegen Windenergie gemacht. Deshalb posten wir nun auch noch einen dritten Beitrag, der nochmal unterstreicht: Infraschall ist ein sehr mangelhaftes Argument gegen Windenergieanlagen, das unbegründete Ängste schürt und letzten Endes Energiewende und Klimaschutz blockiert. Auf der Demo für Windenergie in Rottenburg vor einigen Wochen haben Mitglieder von Scientists for Future Tübingen einen Text beigetragen, der die Infraschallemissionen von Windenergieanlagen nochmal wunderbar einordnet. Vielen Dank, dass ihr der Veröffentlichung des Textes zugestimmt habt und große Wertschätzung für euer Engagement für wissenschaftsbasierten Schutz des Planeten!
“[…] Aufgewachsen sind wir beide im ländlichen Raum, einmal Niedersachsen, einmal Rheinland-Pfalz, beide keine zwei Kilometer von der nächsten Windkraftanlage entfernt.
In den letzten Beiträgen haben Sie nun schon gehört, weshalb wir es uns nicht leisten können, auf Windkraft zu verzichten – einschließlich der REGIONALEN Windkraft, wenn wir eine lebenswerte Welt und lebenswerte Region erhalten wollen. In diesem Beitrag soll es nun um Gesundheit und Windkraft gehen. Ein Thema, um welches leider viel Wirbel gibt und das auch Ihnen vielleicht schon Sorgen bereitet hat. Wie sieht es also nun mit Infraschall und Windrädern aus und macht uns Infraschall krank?
Doch erst einmal: Was ist Infraschall überhaupt? Infraschall sind Schallwellen, allerdings solche mit einer im Vergleich zu Tönen und Geräuschen sehr niedrigen Frequenz. Infraschall sind also Töne, die so tief sind, dass wir sie nicht hören können. Infraschallwellen entstehen, wenn Luft in Bewegung kommt. Es gibt daher viele Quellen für Infraschall, beispielsweise Windböen, Wasserfälle, Flugzeuge oder der Autoverkehr. Aber auch das Springen auf einem Trampolin oder eine Waschmaschine im Schleudergang verursachen Infraschall. Wir sind also ständig von Infraschall umgeben, ohne davon bislang besonders viel mitbekommen zu haben.
Es ist richtig, dass durch Windräder grundsätzlich Infraschall entsteht.
Wie bei so vielen Dingen dürfen wir jedoch nicht vergessen, dass es auf die Dosis ankommt: Kochsalz in großen Mengen gegessen ist für den Menschen giftig. Von einem langen Sonnenbad bekommen wir eventuell einen gesundheitsschädlichen Sonnenbrand. Dennoch gibt es keinen Grund anzunehmen, dass uns Sonnenstrahlen oder Kochsalz in üblichen Dosen schaden würden.
Wichtig ist also die Frage wie viel ZUSÄTZLICHER Infraschall durch Windräder entsteht. Das Landesumweltamt Baden-Württemberg hat hierfür den Infraschallpegel an sechs verschiedenen Windkraftanlagen unterschiedlicher Größe ermittelt. Der Infraschallpegel, also die Lautstärke, wird in Dezibel (db) angegeben. In einem Abstand von 150 m waren 55-80 db bei laufendem Betrieb zu messen. ABER: bei ausgeschaltetem Windrad waren an der gleichen Position bereits 50-75 db zu messen. Das bedeutet, dass der Löwenanteil des Infraschalls hier durch den Wind erzeugt wurde und gerade einmal 5 db durch die Anlage selbst. In 700 m Entfernung vom Windrad war der Unterschied zwischen ein- und ausgeschaltetem Windrad nicht mehr messbar.
Nochmal zum Vergleich: eine Waschmaschine im Schleudergang verursacht mit bis zu 85 db mehr Infraschall als ein Windrad. In einem PKW mit einer Geschwindigkeit von 130 km/h sind Sie sogar einem Infraschall von 105 db ausgesetzt.
Aber kann Infraschall nicht vielleicht doch mit dem menschlichen Körper interagieren? Ja, das kann Infraschall. Aber um messbare Effekte zu erzielen (wie beispielsweise eine verringerte Muskelkontraktion), mussten hierfür im Labor deutlich höhere Schallpegel, wie in diesem Experiment 110 db verwendet werden. Infraschall-Lautstärken unter 90 db wurden als unbedenklich eingestuft.
Als letztes möchten wir Ihnen noch den Nocebo-Effekt vorstellen, es handelt sich hierbei quasi um den umgekehrten Placebo-Effekt. Wenn Sie bei einer Behandlung, Maßnahme oder einem Gegenstand davon ausgehen, dass diese Ihnen schaden wird, dann kann es Ihnen allein durch die Erwartungshaltung bei Eintreffen der Behandlung oder Maßnahme schlechter gehen. Gerade so wie sich Patienten unter einer Therapie mit Placebo-Tabletten oft besser fühlen, geht es Menschen, denen vor Windrädern Angst gemacht wurde, schlechter, sobald diese stehen – sogar schon, wenn diese noch gar nicht eingeschaltet sind. Der Nocebo-Effekt im Bereich Infraschall ist sehr gut untersucht und leider nicht zu unterschätzen.
Zusammengefasst: Nicht Windkraft oder der von ihr erzeugte Infraschall können krank machen, sondern die Angstmache der Anti-Windkraft-Lobby und die durch den Klimawandel immer aufgeheiztere Welt. Dankeschön!”
~ Scientists for Future Tübingen